Vielleicht ist es dem Einen oder Anderen schon aufgefallen: Irgendwie sind die Gleise am Potsdamer Hauptbahnhof komisch nummeriert. Nach den S-Bahngleisen 7 und 6 kommen die Gleise 3, 1, 2 und 4 – in eben dieser Reihenfolge. Das ist verwirrend, nicht nur weil man es nicht nachvollziehen kann. Unter Zeitdruck bin ich schon das eine oder andere Mal die falsche Treppe gelaufen …
Aber sei’s drum. Es ist wie es ist. Doch wenn man es schon nicht ändern kann, so will man doch wenigstens verstehen, warum das so ist. Ich habe für alle die es interessiert nachgeforscht und kann nun zumindest einiges erklären ;-).
Potsdamer Bekannte erklärten es als vollkommen logisch, dass man doch erst die geraden und dann die ungeraden Ziffern vergebe. Aber wieso folgt bei den geraden Zahlen die kleiner auf die größere (4 vor 2) und bei den ungeraden die größere der kleineren (1 vor 3)? Und wieso hat man die S-Bahn dann nicht konsequenter Weise mit negativen oder irrationalen Zahlen betitelt? Nein, das kann nicht die Erklärung sein.
Da ich noch ein paar Minuten Zeit hatte, das Gleis 4 mit meinem Zug zu finden, befragte ich eine Dame am Fahrkartenschalter: „Ditte is von anno knips“, war die Antwort: „Ditte war nämlich jemal een Jüterbahnhof.“ So so. Und bei Güterbahnhöfen macht man das so? Na icke wees nich so recht …
Also habe ich selbst recherchiert. Die Wiki-Seite zum Bahnhof spricht die Reihenfolge der Gleise nicht an. Auch davon, dass dieser für den Güterzugverkehr erbaut wurde, steht hier nichts. Lediglich „ein Hafengleis zum damaligen Dampfschiffanleger“ lässt auf Güterzüge schließen. In einem Bahn-Forum fand ich schließlich einen Post, der etwas Licht ins Dunkel brachte: Es handelt sich hier also um ein Nummerierungsschema der Deutschen Reichsbahn, welches mit 1 und 2 die Durchgangs- und mit 3 und 4 die Zweiggleise betitelt. Bei den S-Bahngleisen 6 und 7 stiftet dieser Beitrag jedoch mehr Verwirrung …
Zurück auf der Wiki-Seite fand ich ein PDF mit Gleisplänen auf dessen dritter Seite. Tatsächlich gibt es zwei Durchgangsgleise. Doch befinden sich diese an den Gleisen 3 und 4, wobei die 3 allerdings derart verbogen ist, dass man historisch dieses Gleis schon an der Stelle des Gleises 2 vermuten könnte. Bei Gleis 4 geht diese Logik jedoch nicht auf und der Verbleib des Gleises 5 wird ebensowenig erklärt. Es bleibt mysteriös.
Jedenfalls sehe ich es kommen, dass irgendwann in tausenden von Jahren irgendjemand – und sei es die außerirdische Version von Erich von Däniken – die Überreste dieses Bahnhofes finden wird. Und dieser Jemand wird sich Fragen stellen, wie wir sie uns heute über die Pyramiden stellen. Liebe Unesco: Ihr wart versucht, Potsdam auf die rote Liste gefährdeter Kulturdenkmäler zu setzen. Überdenkt Eure Entscheidung doch noch einmal aufgrund dieser einem Geniestreich gleichkommenden Gleisnummerierung: Potsdam wird Geschichte neu schreiben, wenn die Gleisnummern in einigen Tausend Jahren wiedergefunden werden. 😉