Semipopulärwissenschaftliche Betrachtungen zum deutschen Straßenverkehr insbesondere auf dem Autobahnnetz aus der Sichtweise eines allwissenden Verkehrsteilnehmers

Andreas
24. Januar 2009

Das deutsche Straßennetz ist faszinierend gigantisch. Zu fast jedem beliebigen Ort von annähernd jedem anderen beliebigen Ort führen mehrere Wege. Die Wald- und Wiesenpfade des 18. Jahrhunderts wurden nach und nach durch Straßen ersetzt. Die Straßen wurden später durch Fernverkehrsstraßen mit selteneren Unterbrechungen des Fahrvergnügens durch Kreuzungen und Ampeln ergänzt. Der finale Schritt war die Ergänzung des Fernverkehrsstraßennetzes durch mehrspurige Autobahnen, um das Fahren der Fahrzeuge in ihrer jeweils optimalen Geschwindigkeitsklasse zu ermöglichen. Dabei folgt man dem gesellschaftspolitisch invertiertem Gesetz „je links, desto schnell“.

Nun kann es passieren, dass sich ein anderer Verkehrsteilnehmer nicht vorteilhaft für uns verhält und somit die Existenz der mehrspurigen Autobahn annähernd ad absurdum führt. Typische Situationen sind das versuchte Überholen wenn sich am Horizont bereits ein schnelleres Fahrzeug andeutet oder das Fahren auf dem mittleren von 3 Fahrstreifen einer Autobahn. Insbesondere letzteres widerspricht der StVO, wenn sich auf der rechten Spur kein anderes Fahrzeug aufhält. Hier können wir erziehend eingreifen, indem wir den Verkehrsteilnehmer auf dem mittleren Streifen dezent auf sein Fehlverhalten hinweisen. Typische Vorgehensweisen sind das ordnungsgemäße Überholen auf der ganz linken Spur mit anschließendem bewusst scharf geschnittenen Spurwechsel von ganz links nach ganz rechts [1]. Ein etwas deutlicherer Hinweis ist das Überholen auf der rechten Spur unterlegt mit einem freundlichen, aber bestimmten Hupen [2]. Kritiker behaupten, der Verkehrsteilnehmer auf dem  mittleren Streifen wäre eventuell nur unsicher und würde durch diese Erziehungsmaßnahmen eher verschreckt. Wir wissen natürlich besser, dass ihm – oder häufiger ihr – lediglich das Bewußtsein dafür fehlt, dass uns dieses Verhalten stört.

Wesentlich unangenehmer ist es, wenn uns ein anderer Verkehrsteilnehmer zum Bremsen nötigt. Dies kommt unter anderem dann vor, wenn eben dieser sich störend verhaltende Teilnehmer langsamer fährt als wir selbst. Gern entstehen diese Situationen beim Überholen auf der Autobahn. Als sehr sinnvolle Maßnahme hat sich das in höherer Frequenz wiederholte Betätigen der Lichthupe erwiesen. Je nach Vernunftbereitschaft des störenden Verkehrsteilnehmers untermauert man die eigene Aufforderung durch Hupen und sehr dichtes Auffahren (damit das vorher fahrende Fahrzeug die Hupe auch hört). Wenn man nun schon einmal auf eine dem eigenen Ego nicht angemessene Geschwindigkeit herunterbremsen musste, so kann man wiederum den Führer des Störfahrzeuges mit einer erzieherischen Maßnahme von der Wiederholung seines Fehlers abhalten. Die allseits anerkannte Methode dafür ist das Überholen des Nichtswissendem mit anschließendem bewusst knappen Wechsel in eben dessen Fahrspur. Durch ein geschicktes Bremsmanöver gilt des den langsameren Verkehrsteilnehmer nun so zu erschrecken, dass er sich beim nächsten Überholen doppelt überlegt, ob es wirklich notwendig ist [3].

Manchmal kommt es vor, dass andere Verkehrsteilnehmer mit erzieherischen Maßnahmen auf unser Verhalten einzugehen versuchen. Dies ist angesichts unseres übermächtigen Wissens über die Verkehrslage selbstverständlich unangebracht. Wir verdeutlichen dem vermeintlich Besserwissenden sein Fehlverhalten bei unbedeutenden Delikten mit eindeutigen Handzeichen. Bei deplaziertem Verhalten eines sich von hinten nähernden Verkehrsteilnehmers empfiehlt sich ein kurzes ruckartiges Bremsen. Das erschreckt wiederum und zeigt außerdem, dass wir die oben aufgeschlüsselten Regeln besser verstanden haben.

[1] Als Vorlage für diese Maßnahme dienten Beos im Walsroder Vogelpark. Diese kleinen posierlichen Federträger machen das nach, was man ihnen vormacht. Würde man es ihnen nicht anders zeigen, so würden sie vermutlich auch auf dem mittleren Fahrstreifen fahren.

[2] Das Aufzeigen schmerzhafter, aus ihrem eigenen Fehlverhalten resultierenden Konsequenzen für sich falsch verhaltende Personen hat man sich im deutschen Straßenverkehr abgeschaut. Die tatsächliche Auswirkung dieser Erziehungsmaßnahme ist nicht zuletzt wegen einer Rekursion umstritten.

[3] Ausnutzung des Einflusses der Amygdala auf die Entstehung der Angst und die emotionale Bewertung und Wiedererkunnung von Situationen (wiki: Amygdala). Man hofft auf das Aussterben dieser Verkehrsteilnehmer, da sich die Amygdala nach in der „Nature News Service Jan. 2004“ publizierten Forschungsergebnissen ebenfalls an der Entstehung des Sexualtriebes beteiligt.